Die Rhizarthrose, im deutschen Sprachraum auch als Daumensattelgelenksarthrose bezeichnet, stellt eine der häufigsten Arthroseformen der Hand dar. Der medizinische Fachbegriff leitet sich vom griechischen Wort „rhiza“ für Wurzel ab und bezieht sich auf die Basis des Daumens, wo diese schmerzhafte Erkrankung ihren Ursprung nimmt. Im Kern handelt es sich bei der Rhizarthrose um einen fortschreitenden Verschleiß des Gelenkknorpels im Daumensattelgelenk, jenem wichtigen Gelenk zwischen dem ersten Mittelhandknochen und dem großen Vieleckbein, das in der medizinischen Fachsprache als Os trapezium bezeichnet wird.
Die besondere Bedeutung dieser Erkrankung ergibt sich aus der zentralen Rolle, die das Daumensattelgelenk für die Handfunktion spielt. Ohne ein intaktes Daumensattelgelenk wären viele alltägliche Verrichtungen, kaum oder nur unter großen Schwierigkeiten durchführbar. Die Rhizarthrose betrifft damit ein Gelenk, dessen Funktionsfähigkeit für die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen von entscheidender Bedeutung ist.
Anatomie des betroffenen Gelenks
Um die Problematik der Rhizarthrose vollständig zu verstehen, ist ein Blick auf die anatomischen Besonderheiten des Daumensattelgelenks unerlässlich. Dieses Gelenk, medizinisch als Karpometakarpalgelenk bezeichnet, verdankt seinen Namen seiner charakteristischen Sattelform. Diese besondere geometrische Gestaltung, bei der zwei sattelförmige Gelenkflächen aufeinandertreffen, ermöglicht eine außergewöhnlich große Beweglichkeit in nahezu alle Richtungen. Das Gelenk kann Beugung und Streckung ausführen, ist aber auch zu Abspreizung, Heranführung und einer kreisenden Bewegung fähig.
Diese vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten sind die anatomische Grundlage für die sogenannte Daumenopposition, also die Fähigkeit, den Daumen den anderen Fingern gegenüberzustellen. Diese einzigartige Funktion unterscheidet die menschliche Hand von der vieler anderer Lebewesen und ist fundamental für präzise Greifbewegungen. Das Daumensattelgelenk ist immer maßgeblich beteiligt wenn wir zum Beispiel einen Stift halten, eine Flasche öffnen, einen Knopf schließen oder ein Werkzeug benutzen. Gerade diese vielseitige Nutzbarkeit führt jedoch auch zu einer erheblichen mechanischen Belastung des Gelenks im Alltag. Die Kräfte, die beim Greifen und Festhalten auf das kleine Gelenk einwirken, können ein Vielfaches des eigentlichen Handgewichts betragen und den Knorpel über Jahre hinweg kontinuierlich beanspruchen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Entstehung einer Rhizarthrose ist in den meisten Fällen multifaktoriell bedingt. Das heißt, verschiedene Faktoren wirken zusammen und begünstigen die Entwicklung der Erkrankung. Der natürliche Alterungsprozess spielt dabei eine wesentliche Rolle. Mit zunehmendem Lebensalter verliert der Gelenkknorpel an Elastizität und Widerstandsfähigkeit. Zudem nimmt seine Regenerationsfähigkeit ab und mikroskopisch kleine Schäden häufen sich über die Jahrzehnte an. Dieser natürliche Verschleiß betrifft grundsätzlich alle Gelenke des Körpers, betrifft aufgrund der besonderen Belastungssituation das Daumensattelgelenk jedoch besonders häufig.
Neben dem Alter stellt die mechanische Überlastung einen zentralen Risikofaktor dar. Menschen, die beruflich oder in ihrer Freizeit repetitive Greif- und Haltetätigkeiten ausführen, tragen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Rhizarthrose. Besonders betroffen sind häufig handwerkliche Berufe, bei denen kraftvolles Zupacken erforderlich ist, aber auch Tätigkeiten wie Maschineschreiben oder handwerkliche Hobbys können bei entsprechender Veranlagung zur Überlastung beitragen.
Ein besonders auffälliges Merkmal der Rhizarthrose ist die deutliche Geschlechterverteilung. Frauen erkranken etwa zehnmal häufiger als Männer, wobei die Erkrankung besonders nach den Wechseljahren auftritt. Diese Tatsache legt nahe, dass hormonelle Faktoren, insbesondere der Rückgang der Östrogenproduktion in der Menopause, eine wichtige Rolle bei der Entstehung spielen.
Auch die genetische Veranlagung darf nicht unterschätzt werden. In manchen Familien tritt die Rhizarthrose gehäuft auf, was auf eine erbliche Komponente hindeutet. Frühere Verletzungen des Daumens, wie Frakturen oder Bänderrisse, können die Biomechanik des Gelenks verändern und ebenfalls das Risiko für eine spätere Arthrose erhöhen. Darüber hinaus können bestimmte Stoffwechselerkrankungen, etwa die Gicht oder rheumatische Erkrankungen, die Entstehung einer Rhizarthrose begünstigen.
Symptome und Beschwerden
Die Rhizarthrose entwickelt sich typischerweise schleichend über einen längeren Zeitraum, und die Symptome verstärken sich meist graduell. Das Leitsymptom ist der Schmerz an der Daumenbasis, der zunächst vor allem bei bestimmten Belastungen auftritt. Betroffene berichten häufig, dass das Öffnen von Schraubverschlüssen, das Auswringen eines Lappens oder das Drehen eines Schlüssels zunehmend schmerzhaft wird. In frühen Stadien lassen die Beschwerden in Ruhephasen meist nach, doch mit fortschreitender Erkrankung können die Schmerzen auch in Ruhe auftreten und sogar den Nachtschlaf beeinträchtigen.
Eng verbunden mit dem Schmerz ist der zunehmende Kraftverlust. Die Greifkraft nimmt ab, was im Alltag zu erheblichen Einschränkungen führen kann. Einfache Tätigkeiten wie das Halten einer Tasse, das Schneiden von Lebensmitteln oder das Bedienen von Werkzeugen werden zur Herausforderung. Viele Patienten berichten, dass ihnen Gegenstände häufiger aus der Hand fallen oder dass sie bestimmte Bewegungen ganz vermeiden, um Schmerzen zu umgehen.
Im Bereich des Daumensattelgelenks entwickelt sich häufig eine sichtbare Schwellung, und das Gelenk reagiert empfindlich auf Druck. Bei Bewegungen des Daumens kann ein knirschendes oder mahlendes Geräusch wahrnehmbar sein, das in der medizinischen Fachsprache als Krepitation bezeichnet wird. Dieses Phänomen entsteht durch die aufgerauten, verschlissenen Gelenkflächen, die bei Bewegungen aneinander reiben. Die Beweglichkeit des Daumens nimmt im Verlauf der Erkrankung zunehmend ab, wodurch die Feinmotorik und die Fähigkeit zur Daumenopposition eingeschränkt werden.
In fortgeschrittenen Stadien kann sich das Gelenk sichtbar verformen. Es bildet sich eine charakteristische Verdickung an der Daumenbasis, und der Daumen kann eine veränderte Stellung einnehmen. Diese Verformungen sind nicht nur kosmetisch störend, sondern gehen mit einer weiteren Funktionseinschränkung einher, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen kann.
Diagnose
Die Diagnosestellung einer Rhizarthrose beginnt mit einem ausführlichen Gespräch zwischen Arzt und Patient, der sogenannten Anamnese. Dabei wird erfragt, seit wann die Beschwerden bestehen, in welchen Situationen sie auftreten und wie stark sie ausgeprägt sind. Auch Informationen über berufliche Tätigkeiten, sportliche Aktivitäten und eventuelle Vorerkrankungen sind für die diagnostische Einordnung wichtig. Familienanamnese und Medikamenteneinnahme werden ebenfalls berücksichtigt.
An das Gespräch schließt sich die körperliche Untersuchung an. Der Arzt inspiziert und tastet das Daumensattelgelenk ab, achtet auf Schwellungen, Druckschmerzhaftigkeit und Fehlstellungen. Besonders wichtig sind spezielle Funktionstests und Provokationstests, die gezielt das betroffene Gelenk belasten und so charakteristische Schmerzreaktionen auslösen können. Ein klassischer Test ist der sogenannte Grind-Test, bei dem der Arzt den Daumen axial unter Druck setzt und dabei rotiert. Bei vorhandener Arthrose löst dieser Provokationstest typischerweise Schmerzen aus und kann manchmal auch ein hörbares Knirschen im Gelenk verursachen.
Die bildgebende Diagnostik spielt eine zentrale Rolle bei der Sicherung der Diagnose und der Beurteilung des Schweregrades. Die Röntgenuntersuchung ist dabei die wichtigste Methode. Auf den Röntgenbildern können charakteristische Veränderungen erkannt werden. Dazu zählt, wenn der Gelenkspalt verschmälert erscheint, was auf Knorpelverlust hinweist. An den Gelenkrändern bilden sich knöcherne Anbauten, sogenannte Osteophyten, und die Gelenkflächen können Unregelmäßigkeiten aufweisen. Bei fortgeschrittener Arthrose kann das Gelenk subluxiert sein, das heißt, die Gelenkflächen stehen nicht mehr korrekt zueinander.
Zur Stadieneinteilung wird häufig die Klassifikation nach Eaton und Littler herangezogen, die vier Stadien unterscheidet. Im Stadium eins zeigt sich lediglich eine leichte Gelenkspaltverschmälerung, während im Stadium vier bereits schwere Destruktionen mit Beteiligung benachbarter Gelenke vorliegen. Diese Stadieneinteilung ist nicht nur für die Dokumentation wichtig, sondern hat auch therapeutische Konsequenzen, da sich daraus Empfehlungen für konservative, operative oder andere Behandlungsansätze ableiten lassen.
In unklaren Fällen oder zur detaillierten Beurteilung der Weichteilstrukturen können ergänzende bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie oder Computertomographie zum Einsatz kommen. Diese Untersuchungen sind jedoch in der Routinediagnostik der Rhizarthrose meist nicht erforderlich.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie der Rhizarthrose richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung, der Intensität der Beschwerden und den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen des Patienten. Grundsätzlich wird zunächst immer ein konservativer, das heißt nicht-operativer Behandlungsansatz verfolgt. Nur wenn dieser nicht zum gewünschten Erfolg führt, werden operative Verfahren in Betracht gezogen.
Die konservative Therapie verfolgt mehrere Ziele gleichzeitig. Das sind vor allem Schmerzlinderung, Entzündungshemmung, Verbesserung der Funktion und Verlangsamung des Krankheitsprozesses. Ein zentraler Baustein ist die medikamentöse Schmerztherapie, wobei vor allem nicht-steroidale Antirheumatika zum Einsatz kommen. Diese Medikamente wirken sowohl schmerzstillend als auch entzündungshemmend und können in Form von Tabletten eingenommen oder als Salbe beziehungsweise Gel lokal aufgetragen werden. Die Anwendung sollte jedoch zeitlich begrenzt erfolgen, da bei Langzeitgebrauch Nebenwirkungen auftreten können.
Von großer Bedeutung ist die physio- und ergotherapeutische Behandlung. In der Physiotherapie werden Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit, zur Kräftigung der umgebenden Muskulatur und zur Schmerzlinderung durchgeführt. Manuelle Techniken können helfen, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten und Verspannungen der Muskulatur zu lösen. Die Ergotherapie konzentriert sich besonders auf alltagspraktische Aspekte. Hier lernen Patienten gelenkschonende Bewegungstechniken und den Einsatz von Hilfsmitteln, die das betroffene Gelenk entlasten. Auch die Anpassung des häuslichen und beruflichen Umfelds kann Thema der ergotherapeutischen Beratung sein.
Eine wichtige Rolle spielen spezielle Daumenschienen oder Orthesen, die das Gelenk stabilisieren und ruhigstellen. Diese werden individuell angepasst und können bei belastenden Tätigkeiten getragen werden. Durch die Ruhigstellung wird das Gelenk entlastet, Schmerzen werden reduziert und Entzündungsreaktionen können abklingen. Manche Patienten tragen die Schiene auch nachts, um schmerzhafte Bewegungen im Schlaf zu vermeiden.
Physikalische Therapieverfahren wie Wärme- oder Kälteanwendungen können ergänzend eingesetzt werden. Wärmeanwendungen fördern die Durchblutung und können zur Muskelentspannung beitragen, während Kälteanwendungen vor allem bei akuten Entzündungsreaktionen und Schwellungen hilfreich sein können. Welches Verfahren im Einzelfall besser wirkt, muss individuell ausprobiert werden.
In bestimmten Situationen können Injektionsbehandlungen erwogen werden. Dabei werden entzündungshemmende Medikamente wie Kortison oder gelenkschützende Substanzen wie Hyaluronsäure direkt in das Gelenk gespritzt. Kortisoninjektionen können eine rasche und deutliche Schmerzlinderung bewirken, sollten jedoch aufgrund möglicher Nebenwirkungen nicht zu häufig durchgeführt werden. Die Wirksamkeit von Hyaluronsäureinjektionen wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, viele Patienten berichten jedoch über positive Effekte.
Bereits zu parallel zu den konservativen Behandlungen, kann eine Eigenfett-Stammzellentherapie Sinn machen. Bei diesem minimalinvasiven Verfahren wird Eigenfett aus Bauch, Bein oder Po abgesaugt, aufbereitet und in das Daumensattelgelenk injiziert. Die Eigenfettbehandlung dauert dabei ungefähr eine Stunde und erfolgt unter örtlicher Betäubung. Dadurch werden lange Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte vermieden und die Infektionsgefahr sehr minimiert gegenüber herkömmlichen Gelenkoperationen.
Prognose und Verlauf
Die Rhizarthrose ist eine chronische, fortschreitende Erkrankung, das heißt, eine vollständige Heilung im Sinne einer Wiederherstellung des ursprünglichen Gelenkzustandes ist nicht möglich. Der Verlauf ist jedoch individuell sehr unterschiedlich. Während einige Patienten über viele Jahre nur leichte Beschwerden haben, die gut mit konservativen Maßnahmen beherrschbar sind, entwickeln andere rasch zunehmende Schmerzen und Funktionseinschränkungen.
Interessanterweise besteht nicht immer eine direkte Korrelation zwischen dem radiologischen Schweregrad, also dem Ausmaß der im Röntgenbild sichtbaren Veränderungen, und der Intensität der Beschwerden. Manche Patienten mit ausgeprägten arthrotischen Veränderungen haben nur geringe Schmerzen, während andere mit vergleichsweise geringen radiologischen Befunden erheblich leiden. Dies unterstreicht die Bedeutung einer individualisierten Therapie, die sich an den tatsächlichen Beschwerden und nicht nur an Bildbefunden orientiert.
Bei rechtzeitiger Diagnose und konsequenter Behandlung ist die Prognose grundsätzlich gut. Viele Patienten können mit konservativen Maßnahmen und Stammzellentherapie über lange Zeit beschwerdefrei oder beschwerdearm gehalten werden.
Prävention und Selbsthilfe
Während sich eine genetische Veranlagung oder der natürliche Alterungsprozess nicht beeinflussen lassen, gibt es durchaus Möglichkeiten, das Risiko für die Entwicklung einer Rhizarthrose zu reduzieren oder zumindest den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Der Schlüssel liegt in der ergonomischen Gestaltung alltäglicher Tätigkeiten und der Vermeidung einseitiger Überlastung des Daumensattelgelenks.
Im beruflichen und privaten Alltag sollten Bewegungsabläufe bewusst gelenkschonend gestaltet werden. Das bedeutet beispielsweise, beim Greifen und Halten von Gegenständen die gesamte Hand einzusetzen und nicht nur Daumen und Zeigefinger. Große, dicke Griffe an Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen sind günstiger als dünne, bei denen das Zugreifen mehr Kraft erfordert. Beim Öffnen von Schraubverschlüssen können Öffnungshilfen verwendet werden, die die Kraft auf eine größere Fläche verteilen.
Pausen bei repetitiven Tätigkeiten sind wichtig, um dem Gelenk Erholungsphasen zu gönnen. Wer beruflich viel mit den Händen arbeitet, sollte regelmäßig kurze Unterbrechungen einlegen und die Hände lockern und bewegen. Auch der Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten kann helfen, einseitige Belastungen zu vermeiden.
Regelmäßige, gezielte Bewegungsübungen für die Hand und insbesondere den Daumen können die Beweglichkeit erhalten und die Muskulatur kräftigen. Dabei geht es nicht um kraftvolle, belastende Übungen, sondern um sanfte Mobilisierung und Dehnung. Ein Physiotherapeut oder Ergotherapeut kann ein individuelles Übungsprogramm zusammenstellen, das im Alltag selbstständig durchgeführt werden kann.
Die Aufrechterhaltung eines gesunden Körpergewichts und eine ausgewogene Ernährung spielen zwar primär für die Gesundheit der großen Gelenke wie Knie und Hüfte eine Rolle, können aber auch indirekt positive Effekte auf die Handgelenke haben. Entzündungshemmende Ernährungsweisen mit reichlich Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und Vitaminen werden von manchen Experten als unterstützend angesehen.
Wer bereits erste Anzeichen einer Rhizarthrose bei sich bemerkt, sollte nicht zögern, ärztlichen Rat einzuholen. Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Chancen, das Fortschreiten zu verlangsamen und die Lebensqualität zu erhalten. Die moderne Medizin bietet heute ein breites Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten, die individuell auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten zugeschnitten werden können. Mit der richtigen Therapie und einer aktiven Mitarbeit des Patienten ist es in vielen Fällen möglich, trotz Rhizarthrose ein weitgehend beschwerdefreies und aktives Leben zu führen.
